Baugruppenhaus H81, Wien
Schon an der Straßenseite zeigt der Wohnbau seine besonderen und für Wien untypischen Qualitäten: Balkone und raumhohe, raumbreite Fenstertüren beleben die schmale Gasse im dicht bebauten Quartier. Für die Bewohnerinnen und Bewohner erzeugen sie trotz der beengten Grundstückssituation Weite und Offenheit.
Ein Baugruppenunterfangen, in dem die Architektinnen und Architekten auch die Rolle der Projektentwickler übernahmen. Sie konzipierten für die zehn Wohnungen ein Höchstmaß an Typenvielfalt für unterschiedliche Lebensformen in Größen von 50 m2 bis 120 m2.

Kern der Wohnungen ist ein großzügiger „Allraum“, der sich über die gesamte Haustiefe erstreckt und sich sowohl hof- als auch straßenseitig in einen Außenraum erweitert. Zugunsten dieses Raums für gemeinschaftliche Aktivitäten sind die übrigen Räume kompakt gehalten und können, wie Vorraum und Gang, auch ganz entfallen. KABE Architekten berufen sich mit ihrer Idee des Zentralraums auf „das niederdeutsche Hallenhaus und den skandinavischen Allraum, wie ihn Alvar Alto 1957 im Berliner Hansaviertel umsetzte.“ Große Deckenspannweiten, leichte Trennwände und raumhohe Schiebetüren gewähren innerhalb der Wohnungen größtmögliche Flexibilität. Obwohl nur herkömmliche Bauelemente zur Auswahl standen, gelang in der Ausführung und in den Details große Eleganz.
Zur Planungszeit waren Balkone an der Fassade in der Wiener Bauordnung noch untersagt, nur mit kreativer Interpretation der Regeln und durch einen Rücksprung in der Straßenfront, unter Verzicht auf maximale Ausnutzung der Baulinie, konnten sie umgesetzt werden. So tritt man nun aus dem Allraum auf den schmalen Balkon an der Straße und mitten im dichten Ottakring öffnet sich ein Weitblick bis zum Leopoldsberg.
Der Ansatz der Baugruppe war ein pragmatischer -
wie im Do-it-Yourself- Berlin der 1990er-Jahre. Für die zwanglose Hausgemeinschaft stehen ein Hofgarten und eine Dachterrasse mit Rundblick zur Verfügung.
Text: Maria Welzig, AzW
Wo liegen Potenziale, um die Qualitäten im innerstädtischen Wohnungsbau anzuheben?
Der Bau in der Ottakringer Haberlgasse 81 gibt eine Antwort, denn er wurde anders als üblich ohne Bauträger errichtet. Das Büro KABE Architekten betreute das Baugruppenprojekt von der allerersten Projektidee bis zur Schlüsselübergabe. Durch den Verzicht auf den dienstleistenden Bauträger konnten jene Mittel freigesetzt werden, die zum einem für ein relativ kleines Projekt in zentraler Lage aufgewendet werden und zum anderen in eine überdurchschnittliche Ausstattung fließen konnten. Wir schafften es, Nutzerwünsche umzusetzen, die sonst nur in privaten Bauvorhaben möglich sind.

In der Haberlgasse erstreckt sich dieser Allraum über die gesamte Gebäudetiefe. Große von der Decke bis zum Boden und von einer Wand bis zur anderen reichende Fenster erweitern den Wohnraum in die vorgelagerten Balkone und Loggien. Dort ist der Blick frei in den Strassenraum und in die Gärten der Nachbarschaft. Die Offenheit im Inneren ist eine Antwort auf die Dichte der Umgebung.
